Präsentation: Smart Citizen Manifest

Ort: Mobiles Stadtlabor
Präsentation und Diskussion von ViennaOpen
Donnerstag, 03.09.2015, 17:30 Uhr


DAS SMART CITIZEN MANIFEST.

Wir, die BürgerInnen aller Städte, nehmen die Herausforderungen unserer Grätzel, Dörfer und Städte selber in unsere Hände. Wir kümmern uns um Häuser und Parks, Geschäfte und Schulen, Straßen und Bäume, kurzum unsere eigene Lebenswelt. Aber darüber hinaus kümmern wir uns auch um die Lebensqualität in unseren Städten. Diese besondere Qualität finden wir in zufälligen Begegnungen mit Fremden und dem alltäglichen Austausch mit anderen. Dieser Austausch entsteht durch Euphorie, Begeisterung und durch Lust am Neuen und die Liebe für die Welt. Wir wissen, dass unser Leben mit anderen verbunden ist und alles, was wir machen, einen Einfluss auf unsere Umwelt hat. Wir übernehmen die volle Verantwortung, um diese Welt in einen besseren Ort zu verwandeln.

Wir spielen nicht mehr dieses Spiel und verweigern daher die Rolle des alleinigen Konsumenten, Kunden oder Informanten. Wir wollen wieder Akteure unseres eigenen Lebens werden. Wir wollen über Prozesse, Algorithmen und Systeme, die unsere Welt von heute formen, selbst bestimmen. Wir wollen wissen, wie Entscheidungen gefällt werden, und die Information dahinter kennen. Wir wollen direkten Zugang zu Entscheidungsträgern haben und in die Prozesse von Gesetzgebung und Verwaltung einbezogen werden.

Wir besitzen glücklicherweise alle Mittel, um gehört zu werden und um uns selbst zu organisieren. Wir haben Zugriff auf geeignete Werkzeuge, die uns auf Knopfdruck mit anderen verbinden. Wir wissen, wie wir unsere Umwelt vermessen, wie wir Daten analysieren und darstellen können. Wir wissen aber auch, wie wir daraus die richtigen Schlussfolgerungen ziehen und Maßnahmen ergreifen können. Wir haben unbeschränkten Zugriff auf mächtige Kommunikationsmittel wie Smartphones, Laptops oder Software, die besten Lernmöglichkeiten der Welt. Unsere Inspiration finden wir auch durch verschiedenste Crowdfunding-Projekte wie Kickstarter, respekt.net, Couchsurfing oder vieles andere … Wir haben aber auch Zugriff auf selbst gebaute Labors, die uns helfen, Dinge zu analysieren und unsere Ideen umzusetzen.

Wir sind bereit für diese neue Zeit. Aber unsere Verwaltung und Politik sind es nicht. Mit ihren veralteten Strukturen aus dem 19. Jahrhundert versuchen sie, die Probleme des 21. Jahrhunderts zu lösen. Diese Akteure sind nur ansatzweise auf die brennenden Probleme unserer Zeit vorbereitet und können heute ihre notwendigen Dienstleistungen und Sicherheiten nur eingeschränkt anbieten. Wir sehen, dass der Aufbau von Smart Cities allein mit technologischen Lösungen nur die aktuellen Probleme verstärkt, anstatt sie zu beseitigen. Diese Probleme waren ja von Anfang an die eigentlichen Ursachen der Ungleichheit und sind der Kern des Übels in unseren Städten. So werden die eigentlich wertvollen Ressourcen – die Smart Citizens – übersehen. Eine Smart City kann nur gemeinsam mit ihren Smart Citizen entstehen um zur vollen Entfaltung zu gelangen.

Wir, die Smart Citizens, sind aktive BürgerInnen und wollen eine Stadt für alle. Technologischer Fortschritt und bessere Kommunikationsmittel dürfen nicht nur für eine kleine Minderheit von Nutzen sein, sondern für alle, die in unserer Stadt leben. In Smart Cities sollen alle BürgerInnen gleiche Chancen und Möglichkeiten haben, am Leben aktiv teilzunehmen, um ihren Stadtteil oder ihre Stadt aktiv zu gestalten.

Wir, die Smart Citizens, tragen Verantwortung für Orte, an denen wir leben, arbeiten und lieben bevorzugen den Zugang für alle über dem Eigentum von wenigen bevorzugen die Teilnahme aller über die Macht von Einzelnen wollen freien Zugang und nicht um Erlaubnis bitten müssen wollen wissen, wo man Werkzeuge, Wissen und Unterstützung für eigene Projekte finden kann eignen uns Technologien selbst an und akzeptieren nicht, dass es so ist, wie es scheint helfen Menschen, die mit smarten Technologien ihre Probleme haben stellen Fragen und wieder Fragen, bevor fertige Antworten gegeben werden können beteiligen uns aktiv an der Gestaltung von besseren Lösungen arbeiten agil, erstellen Prototypen möglichst früh, testen schnell und erkennen, wenn man neu anfangen muss werden nicht aufhören, wenn die Hürden zu groß erscheinen teilen unser Wissen unaufhörlich, weil es den wahren Grund für nachhaltigen Austausch darstellt

In der ganzen Welt sind Smart Citizens aktiv. Wir organisieren uns selbst, wir gründen Genossenschaften und Kooperationen, wir teilen Ressourcen und übernehmen die volle Verantwortung. Die Pflege unserer Eltern und die Erziehung von Kindern nehmen wir wieder selbst in die Hand. Wir bauen Pop-up-Stores und Restaurants, erzeugen unsere eigene Energie, pflegen Urban Gardens, bauen temporäre Häuser und schaffen Gemeinschaften des Vertrauens und des Zusammenhalts. Wir helfen Produkten und Services, die uns am Herzen liegen, mit kleinen Kick-Start-Geldbeträgen. Wir lernen, unsere eigenen Dinge selbst zu reparieren oder durch Upcycling neue Gegenstände herzustellen. Wir haben sogar neue virtuelle Währungen geschaffen als Antwort auf eine komplexe und unsichere Welt.

Wir, die Smart Citizens, haben bis jetzt meistens für Verwaltungen und Regierungen gearbeitet, manchmal auch gegen sie, aber selten mit ihnen gemeinsam – mit dem Ergebnis, dass viele gute Initiativen entstanden sind, aber heute nicht mehr existieren. Wir haben sehr viel Energie in kleinste Interventionen gesteckt, die aber wenig bewirkt haben. Wir haben die Vision, dass alle für die Stadt der Zukunft zusammenarbeiten – Bürger und Politik, Wirtschaft und Verwaltung.

Wir sind begeistert von der Vorstellung, dass unsere Ideen, unsere Leidenschaft und unser Wissen, gepaart mit dem Wissen der Politik und Verwaltung – den eigentlichen Experten, wie Dinge implementiert werden müssen, umgesetzt werden, um für alle BürgerInnen zur Verfügung zu stehen. dass Regierungen und Verwaltung die volle Verantwortung für die Teilhabe aller BürgerInnen an den Prozessen der Stadt und des Staates tragen und so einen offenen Dialog ermöglichen und Schritte setzen, um das System radikal anders zu denken.

Wir, die Smart Citizens, machen uns selbst und unsere Gesellschaft fit für das 21. Jahrhundert. Dafür müssen wir Wissen und Mitgestaltung neu definieren. Wir sind unser eigener Souverän – wir müssen die Hoheit über unsere Daten und Handlungen wiedererlangen. Wenn es ein ganzes Dorf braucht, um ein Kind zu erziehen, dann bedarf es vieler Menschen, um eine Gesellschaft zu gestalten. Wir wissen, dass es gemacht werden kann – es wurde bereits gemacht. Und mithilfe der neuen Technologien ist es heute sogar noch einfacher als zuvor. Wir bekennen uns aktiv zum Aufbau von Smart Cities mit Smart Citizens, die ihre Stadt aktiv mitgestalten. Diese neue Art intelligente Stadt ermöglicht die Veränderung, nach der wir uns so sehnen.

Wir sind die Smart Citizens dieser unserer Städte, an denen wir aktiv mitgestalten. Wir arbeiten, leben und lieben für intelligente Städte, die für alle, die in diesen Städten leben, gemacht sind.

 

Biografie von ViennaOpen

Präsentiert werden die Ergebnisse eines halb jährigen Prozesses. Das Team von ViennaOpen und der Verein Neue Arbeit versuchte innerhalb des Festivals Vienna Open 2015 das Pleasure Maximum zu finden. Das vierte ViennaOpen Festival legte seinen Schwerpunkt auf Open Data, Open Design & Architektur, aber auch auf Otto Neurath und eine visuelle Politik für Smart Citizens. Mit unserem Kooperationspartner der Waag Society aus Amsterdam wurde aus diesem Grund das Smart Citizen Manifest formuliert um eine offene Stadt der Zukunft zu ermöglichen und Smart Cities auch lebenswert für alle BewohnerInnen zu gestalten. Das SMART CITIZEN MANIFEST wurde aus dem englischen Original der WAAG Society übersetzt. (Übersetzung und Erweiterung von: ‘A Manifesto for Smart Citizens’ – An unauthorised companion to Dan Hill’s seminal essay On the smart city; Or, a ‘manifesto’ for smart citizens instead)

  • Smart Cities & Smart Citizen
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